Das 900 Seelen Dorf Neustadt am Rennsteig im Ilm-Kreis steht für zwei Wochen unter Quarantäne. Die Landrätin griff zu dieser drastischem Maßnahme, weil in diesem Ort besonders viele Corona-Infektionen aufgetreten waren. Kritiker sehen darin einen Verstoß gegen die geltende Rechtslage.
Ein ganzer Ort unter Quarantäne: In Neustadt am Rennsteig dürfen seit Sonntag die Bewohner_innen für zwei Wochen nicht mehr aus dem Haus. Das entschied Landrätin Petra Enders. Die Verfügung wurde durch Lautsprecher verkündet. Betreten werden kann Neustadt am Rennsteig nur mit strengen Hygieneauflagen. Lediglich zum Einkaufen dürfen gesunde Bewohner_innen die strikte Quarantäne durchbrechen. Von ihr ausgenommen sind Pflege- und Rettungsdienste, Feuerwehr und Polizei. Derzeit berät ein Krisenstab, wie die Versorgung des Ortes gewährleistet werden kann.
Anlass für die drastische Maßnahme ist der besonders hohe Anteil von Infektionen in Neustadt am Rennsteig. Sechs von elf Infektionen aus dem Ilmkreis kamen aus Neustadt. Das Gesundheitsamt hat bis jetzt 79 Kontaktpersonen der Infizierten ausgemacht.
Die geltende Allgemeinverfügung des Ilm-Kreises beruft sich auf den Paragraphen 28 des Infektiosschutzgesetzes. Hier sind die Schutzmaßnahmen für medizinische Notfallsituationen geregelt. Es heißt, man könne „Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind“. Paragraph 28 begrenzt damit von der Verfassung garantierte Grundrechte in besonderen Fällen.
Der renommierte Rechtswissenschaftler Alexander Thiele kritisierte am Montag auf Twitter , dass eine totale Quarantäne nicht durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt sei. Auch übersteige diese Maßnahme das angeordnete Kontaktverbot. Er bat Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow den Landkreis zurückzupfeifen, so Thiele wörtlich.